Und Du so?
Darum lese ich
Darüber habe ich noch nie so richtig nachgedacht. Ich lese, seit ich lesen kann und es ist einfach eine Routine wie Duschen oder Einkaufen – einfach etwas, das ich fast jeden Tag tue. Ich glaube, ich lese, weil man so reist, ohne zu reisen, weil man in einem Buch sich selbst kennenlernt aber auch „die Anderen“, weil es mich zum Lachen bringt und zum Weinen. Weil es Dich an schlechten Tagen aus Deinem Elend ziehen kann und an guten dafür sorgt, dass Du nicht abhebst. Weil Du so die Welt um Dich herum vergisst und ganz neu entdeckst. Weil es Dich mit der harten Realität konfrontiert und zum Träumen bringt. Und weil es – im Gegensatz zu den meisten Filmen oder Serien – harte Arbeit sein kann. Aber eine, die sich lohnt.
Als ich klein war und auch noch lange Zeit in der Schule und sogar noch während der Ausbildung und dann auch noch an der Uni, dachte ich immer: Ohje, ich kann gar nix. Außer Lesen. Lesen ging immer. Bis auf eine kurze Schock-Episode, eben an der Uni. Erstes Semester Germanistik. Neuere Deutsche Literaturwissenschaft. Vorlesung zu Heinrich v. Kleist. Da dachte ich am Ende der Lehrveranstaltung dann leider immer: Ohje, nicht mal lesen kannst du. Aber das ist natürlich Quatsch. Ich lese immer schon. Lesen bringt mich runter, es beruhigt mich, gleichzeitig bereichert es mein Leben.
Mein Lieblingsbuch
Eigentlich habe ich drei Lieblingsbücher und wenn`s wahr ist, dann kommt da sogar noch was. Ich spreche von Joachim Meyerhoffs Zyklus Alle Toten fliegen hoch. Beim Lesen des ersten Bandes, mit dem Titel Alle Toten fliegen hoch – Amerika, habe ich so gelacht und am Ende bitterlich geweint. Beim zweiten Teil, mit dem Titel Wann wird es endlich wieder so, wie es noch nie war, musste ich auch viel lachen und mindestens genau so viel staunen, Gott hab ich gestaunt. Auch bei Band drei, mit dem Titel Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke blieb das Lachen nicht aus und am Ende flossen wieder Tränen. Bücher, die Emotionen auslösen, sind immer ein großes Glück, diese Bände sind der Jackpot.
Ich bin Entscheidungslegasthenikerin. Und dann auch noch das ultimative Buch benennen? Das übersteigt meine Fähigkeiten. Heute müssten sich wahrscheinlich Parade’s End von Ford Madox Ford und Atonement (im Deutschen: Abbitte) von Ian McEwan miteinander um den Sieg prügeln. Morgen könnte die Antwort aber ganz anders lauten.
Mein schlimmstes Buch aller Zeiten
In meiner Schule gab es eine Art Buchclub. Jedes Mitglied bekam im Monat ein Buch zugeschickt, der Titel wurde zufällig gewählt. Eines Tages lag ein Buch namens Die Hyänen von Impala Hills auf meinem Tisch. Es war schrecklich und gehört bis heute zu den wenigen Büchern, die ich nicht zu Ende lesen konnte. Ich weiß nicht mal mehr, warum ich es so unerträglich schlecht fand. Aber immer, wenn mich jemand nach dem schlechtesten Buch, das ich je gelesen habe, fragt, fällt mir sofort Die Hyänen von Impala Hills ein.
Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry. Warum dieses international bekannte Büchlein durch die Reihen so dermaßen hoch geschätzt wird, habe ich wirklich noch nie verstanden. Vielleicht liegt es ja tatsächlich am Kern der Botschaft: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“ Naja gut, puh… Das wäre, finde ich, aber wirklich etwas mau. Achja, Französischunterricht war für mich in etwa so amüsant wie eine Wurzelbehandlung.
Mein Lieblingsgenre
Gibt es ein Genre für:
Freunde erleben ihre Kindheit und Jugend zusammen, trennen sich, treffen sich wieder, trennen sich wieder und so fort, wie z.B. bei Meg Wolitzers Die Interessanten?
Oder für:
Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und eigentlich nichts miteinander zu tun haben, begegnen sich und stehen plötzlich in spannenden und rätselhaften Beziehungen zueinander wie in Garth Risk Hallbergs City on Fire?
Das Eine gibt’s auch hier nicht. Aber ich LIEBE englische Gesellschaftsromane, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielen.
Das kann ich nicht lesen
Alles, was zu sehr in Richtung Fantasy abdriftet. Ich bin eine begeisterte Harry Potter-Leserin. Auch Die Tribute von Panem und ganz besonders die Game of Thrones-Reihe fand ich fantastisch. Vielleicht auch, weil sie ganz anders sind als alles, was ich normalerweise lese. Aber sobald ich mich ausschließlich mit Magiern, Elfen, Zwergen und Orks auseinandersetzen muss, ist es mit dem Vergnügen vorbei. Ach ja: und Regionalkrimis. Warum sind die eigentlich so erfolgreich?
Fantasy, Thriller und eigentlich auch Krimis. Ich weiß, das ist jetzt erschreckend viel. Aber vielleicht ändert sich das ja noch…
Trivial und trotzdem toll
Also die Liebesromane von Nicholas Sparks kommen mir nicht ins Regal. Aber wenn ich mich auf dem Sofa liegend dabei erwische, wie ich einen Chick-Flick-Film nach dem anderen wie Liebe braucht keine Ferien oder Friends with benefits anschaue, verstehe ich plötzlich auch, dass man sich ins Triviale verlieben kann (die Verfilmungen von Nicholas Sparks Romanen meide ich trotzdem).
Viele halten ja Krimis im Allgemeinen für trivial. Ich widerspreche vehement. Dennoch fällt mir hierzu ein: Elizabeth George. Grandios! Und die Romane von Mhairi McFarlane. Die kann man bedenkenlos in die oft schimpfwortartig verwendete Schublade „Frauenroman“ stecken. Egal, ich finde sie trotzdem gut. Die Beweisführung werde ich hier bald in ein paar Worten mehr antreten.
Mein Lieblingswort
Sehnsucht. Liegt mir als Wort und als Gefühl sehr am Herzen.
Tschüß. Ich mag den Klang. Tschüssi geht aber natürlich gar nicht.
Hier lese ich am liebsten
Im Sommer im Freibad. Im Winter auf dem Sofa. Und immer, immer, immer in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Zuhause auf dem Sofa. Noch lieber aber: Genau dort, wo das Buch, das ich gerade lese, spielt. Ich las kürzlich Black Rabbit Hall von Eve Chase und blickte simultan über die Halbinsel in Cornwall, um die sich die Romanhandlung dreht. Besser geht’s nicht.
Die/der kann aber schreiben
John Banville. Ian McEwan. Julian Barnes.
Joachim Meyerhoff again. Das ist so leicht. Das ist so schön.
Der schönste Satz
„I love you Dex. […] I just don`t like you anymore.“ Der Satz stammt aus der Verfilmung zu David Nicholls Roman One Day (Zwei an einem Tag). Das ist übrigens einer der ganz, ganz wenigen Liebesromane, die auch mein Herz nachhaltig erobert haben.
„There came back to her overpoweringly the memory of their drive together and the moment, the overwhelming moment, when, climbing out of the white fog into the blinding air, she had felt the impulse of his whole body towards her and the impulse of her whole body towards him. A sudden lapse, like the momentary dream when you fall… She saw the white disk of the sun over the silver mist and behind them was the long, warm night…“
(aus: Ford Madox Ford, Parade’s End)
Ich liebe diesen Satz, er hängt über meinem Schreibtisch. Hierzu empfehle ich jedem übrigens die BBC-Verfilmung des Romans. Sie schafft es, diesen atemberaubenden Satz in ein mindestens genauso schönes Bild zu verwandeln.
(Fotos Georg Stanka)
Lukas
Kleiner-Prinz-Bashing! Super!